da waren noch
21. Apr, 2008 @ 22.25 Uhr

Und dann waren da noch Zeilen, die keiner verstand – man hielt es für Psychose. Ständige Fragen über unwesentliche Dinge folgten ihm auf Schritt und Tritt. Für sein wirkliches Leben und die Fragen, die sich jeder Mensch ab und an stellt, war einfach keine Zeit.

Hier nur Zeilen und dort nur Menschen. Er stand da und schaute sich die Überholspur an. Auf dieser Spur war das Leben. Es zog an ihm in kurzen Zügen vorbei. So schnell, dass er nur Lichtstreifen sah. So schnell, dass man nichts genaues erkennen konnte.

Und dann waren da noch seine Freunde. Die einen bekamen Berufe, die anderen Kinder. Hier wurde geheiratet und da gestritten. Schräg gegenüber Hochnäsigkeit gepaart mit mangelndem Wissen und auf der anderen Seite blickte theoretisches Wissen, welches durch die fehlende Erfahrung eher wie ein Schwämmchen aussah, aus seinen Augen. Kleine, fiese Gehirnschnecken raubten die letzten wichtigen Individuen.

Kryptische Zeichen und Akzente. Bier und Chips. Fettleibigkeit und Einsamkeit. Alle diese Wörter erschienen in seinem Memory-Spiel. Die Paare kannte er schon lange genug und wusste genau, wo die Positionen sind.

So stand er da. Mit seinen 60 Jahren und Furchen im Gesicht schaute er immer noch auf die Überholspur. Seine ergrauten Haare und die weisen Augen sprachen vom Erlebten. Er erkannte, dass sein ganzes Leben für andere nur ein einziges Klischee war. Sie begriffen es nicht und weichten von der Meinung nicht ab.  Da konnte er nur müde lächeln.

Und da war noch sie, die die ganze Zeit schon an seiner Seite stand. Nur allzu spät hat er es erfasst. Er drehte sich um, umarmte sie und so sprangen beide in die Unendlichkeit.

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  • (C) by Michael Rotmanov